Der Augenarzt untersucht das Auge eines Mädchen

Medizin-Tipp

Strabismus/Schielen: Eine Last für das Auge – und für die Seele

Schon die volkstümlichen Bezeichnungen deuten an, wie stark die Betroffenen ausgegrenzt werden können: "Silberblick", "scheel", "der böse Blick" oder "er schaut mit dem rechten Auge in die linke Westentasche". Schielen ist ein Stigma - und es ist im Kleinkindesalter eine Gefahr für die Entwicklung des Sehvermögens. Mit modernen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden kann den Patienten geholfen werden, manchmal mit einer konservativen Therapie, manchmal mit einer Operation.
 
Vor einigen Jahren unternahm ein Schweizer Augenarzt, Professor Dr. Daniel Mojon, ein bemerkenswertes Experiment. Er legte Kindern im Alter von drei bis zwölf Jahren Bilder von Gleichaltrigen vor und bat sie, eine Auswahl zu treffen, welches dieser Kinder sie zu ihrer eigenen Geburtstagsparty einladen würden. Vorher indes hatte Mojon einen kleinen Trick angewandt: er hatte einigen der Kleinen auf den Bildern mit Photoshop ein Schielen verpasst. Und es zeigte sich: diese (fiktiv) schielenden Kinder bekamen weniger Geburtstagseinladungen, wurden als Spielkameraden offenbar weniger geschätzt.
 
Dass Menschen mit einer Fehlstellung der Augen von ihren Mitmenschen - ein bitteres Wortspiel - schief angesehen werden, ist nur ein Aspekt des Schielens, das Ärzte in ihrer Fachsprache Strabismus nennen. Strabismus ist vor allem, aber bei weitem nicht ausschließlich, ein Problem der ersten Lebensjahre. Dass wir unsere Augen bewegen können, verdanken wir einem diffizilen System von sechs kleinen Muskeln an jedem Auge, die im Idealfall beide Augen blitzschnell und synchron in die gewünschte Blickrichtung bringen. Liegt eine Störung vor, steht ein Auge nicht vollständig parallel zum anderen, nimmt der Betroffene Doppelbilder wahr, ein klassisches Symptom bei stärkerem Schielen.
 
Oft indes ist das Schielen sehr dezent, der "Schielwinkel" (das Ausmaß der Abweichung) sehr klein. Kinder sollten bei den Vorsorgeuntersuchungen auf etwaige Stellungsfehler und beim geringsten Verdacht in einer Sehschule untersucht werden, wie es sie in Augenkliniken und zahlreichen Augenarztpraxen gibt. Die häufigsten Schielformen sind ein Einwärts- und ein Auswärtsschielen, seltener ist eine Abweichung des schielenden Auges nach unten oder oben. Noch entscheidender allerdings ist etwas Anderes: die Feststellung, ob stets ein und dasselbe Auge abweicht, also ein monolaterales Schielen vorliegt, oder ob sich beide Augen abwechseln, was wir ein alternierendes Schielen nennen. Vor allem die erstgenannte Variante ist für die Entwicklung des Sehorgans wichtig und muss konsequent behandelt werden. Bei einseitigem Schielen nämlich unterdrückt (etwas vereinfachend gesprochen) das Gehirn dessen Seheindruck. Das Kind sieht praktisch nur mit dem gerade stehenden Auge, dem sogenannten Führungsauge. Als Folge davon wird das schielende Auge schwachsichtig (ambylop). Das bedeutet, dass es nie eine volle Sehleistung erreicht; es helfen später weder Brille noch Operation oder andere Maßnahmen.
 
Diese Gefahr einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie) macht deutlich, wie wichtig es ist, dass Eltern mit ihren Kindern zu einer Untersuchung in einer Sehschule gehen. Die dort arbeitenden Spezialistinnen, die Orthoptistinnen und die Augenärzte können mit einer Vielzahl von modernen Untersuchungsmethoden auch einem kaum erkennbaren Schielen, einem Mikrostrabismus, auf die Spur kommen. Dies sollte möglichst vor dem dritten Lebensjahr geschehen. Wird ein Schielen erst im Alter der Einschulung behandelt, kann die Amblyopie kaum noch verhindert werden.
 
Es gibt zahlreiche Optionen in der Therapie des Strabismus. Die vielleicht einfachste ist das Tragen einer Brille, wenn als Auslöser des Schielens eine Weitsichtigkeit (eine häufige Ursache) vorliegt. Ein ganz wichtiges Standbein der Behandlung ist die Okklusion - darunter versteht man das Abdecken des "guten", des gerade sehenden Auges mit einem Pflaster oder einer Folie auf der Brille, so dass das Kind mit dem abweichenden Auge sehen muss. Die "Dosierung" dieser Okklusion - wie viele Stunden am Tag, wie viele Tage in der Woche - muss von Augenarzt und Orthoptistin exakt berechnet werden. Grundsätzlich ist die Schielbehandlung etwas, das viel Geduld erfordert. Nachunteruntersuchungen und Kontrollen, bei denen ggf. eine Therapie umgestellt wird, sind typischerweise über Jahre erforderlich - es ist von Eltern, Kind und Sehschule ein Teamwork im besten Sinne.
 
Vielfach ist eine Operation notwendig, was vor allem auch für schielende Erwachsene gilt. Dabei wird vorher auf den Bruchteil des Millimeters genau berechnet, wie sehr und an welchen der kleinen Augenmuskeln eingegriffen werden muss. In der operativen Behandlung des Schielens hat es in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Neuerung gegeben. Es handelt sich um die minimal-invasive Strabismuschirurgie, abgekürzt MISS, die der oben genannte Schweizer Augenarzt Daniel Mojon eingeführt hat und bei der die ohnehin kleinen Inzisionen noch weiter miniaturisiert worden sind.
 
In einer Augenklinik mit viel Erfahrung wie in Bochum ist Strabismuschirurgie eine Option mit hoher Erfolgsrate. Und es ist eine Chirurgie, deren Effektivität schnell manifest wird: Bei Kindern vor allem dadurch, dass das bislang abweichende Auge gerade steht und sich ganz normal entwickeln kann. Und bei Strabismuspatienten jeden Alters dadurch, dass die schrägen Blicke der Mitmenschen praktisch von einem Tag zum anderen Vergangenheit sind.
Univ.-Prof. Dr. med. Burkhard Dick
Univ.-Prof. Dr. med. Burkhard Dick
Direktor der Augenklinik
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